☺ Und: Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!

von Eva-Maria Schnarre, Pfarrerin in der Gemeinde Herford-Emmaus und für die Frauenarbeit im Kirchenkreis

Gelbe Einkaufswagen-Chips haben wir verteilt, auf denen ein lächelndes Gesicht zu sehen war.

Mindestens  fünfzig Prozent alles Menschen, auf die wir mit unseren Körbchen mit den „Smileys“ zukamen, hatten da schon längst ihr Portemonnaie gezückt. „Die sammeln sicher wieder“, haben sie wohl gedacht, als sie uns als Menschen einer Kirchengemeinde erkannten. Und tatsächlich ist das ja auch ein Teil unseres „Auftrages“ – sammeln für diakonische Hilfen. Die die haben, geben auch denen, die etwas benötigen -  Geld, aber auch Hilfe, Aufmerksamkeit, Zuwendung. Gut, dass das geschieht bei „Kirchens“ und viele mitmachen. Aber dieses Mal war das nicht der Plan.

„Was soll das denn sonst?“ – fragten viele weitere, als sie erkannten, dass sie dieses Mal nicht geben, sondern einfach nehmen sollten. Man blieb skeptisch, auch als die Verteilerinnen der lächelnden Gesichter versicherte, dass sie nichts erwarteten als Gegenleistung: „Wir möchten ihnen heute einfach einmal ein Lächeln schenken!“ – verkündigten sie. „Nehmen sie gerne – und wenn sie möchten auch mehrere!“

„Aber es muss doch einen Sinn haben!“ – blieben viele hartnäckig.

„Dann nehmen Sie gerne auch noch diese Geschichte mit, wenn sie mögen“ – meinten die Smiley-Schenkenden – und in der stand:

 Ein weiser Mann wurde einmal befragt, warum er so zufrieden und ausgeglichen zu sein schien. Und er antwortete: Ich habe mir eine Gewohnheit antrainiert. Ich sammle schöne Erlebnisse und Erfahrungen. Das war übrigens gar nicht so leicht, denn früher gehörte ich auch eher zu denen, die sich schnell aufregten – über das was ich selbst falsch machte, noch mehr über die Fehler anderer. Und ich sammelte das Schlechte, ob es das Regenschauer war, ein langsamer Autofahrer vor mir, eine Frau, die sich vor mich in die Supermarktkasse drängte. Jedenfalls war ich abends oft mies gelaunt und war sicher, dass die Welt insgesamt nur negativ war – an diesem Tag und überhaupt. Da bekam ich von einem guten Freund einen Rat, mir anzutrainieren, das Gute zu sammeln. Und er gab mir ein kleines Säckchen mit Bohnen, die ich mir in die linke Tasche stecken sollte. Und immer, wenn doch am Tag etwas Schönes geschieht, sollte ich eine Bohne von der linken in die rechte Tasche wandern lassen. Wenn ich mir dann abends einige Minuten Zeit nehmen würde und in meiner rechten Tasche nachsehen würde, würde ich sicherlich staunen. Das tat ich auch und fand schon am ersten Tag in meiner rechten Hosentasche drei Bohnen, weil mich jemand freundlich gegrüßt hatte und meine Enkelin mir einen Kuss gegeben hatte und ich mich in der Mittagspause an den herrlichen Blumen auf dem Standstreifen neben mir gefreut hatte.

So behielt ich es nun bei. Mal waren es mehr, mal weniger Bohnen rechts. Aber immer zauberten die guten Erinnerungen an den Tag mir ein Lächeln auf die Lippen und irgendwann spürte ich, dass ich mich veränderte. Ich sah wieder auch das Gute. Ich lerne mich wieder mehr zu freuen über all das, was gar nicht selbstverständlich ist und was Leben schön macht. Ich begann das Leben selbst als gar nicht selbstverständlich zu nehmen, sondern als Geschenk, jeden neuen Tag!

Da war immer noch manches Schlechte, das ich erlebte und mit dem ich fertig werden musste. Aber dass ich daneben auch einen guten Schatz an Freude, Hoffnung, Lachen und Leben hatte, machte es einfacher, auch damit zu leben. Ich spürte außerdem, wie viel Zeit ich mit der Suche nach dem großen Glück verbracht hatte, aber immer die vielen kleinen glücklichen Momente übersehen hatte, die mir nun Kraft gaben und Zufriedenheit. Seither habe ich nie aufgehört das Gute und Schöne zu sammeln!“

„Probieren sie es doch einfach auch einmal mit unseren Smileys“, meinten die Schenkenden aus unserer Kirchengemeinde. „Sammeln sie das kleine Gelungene, das Schöne, die Erinnerungen, die abends, wenn sie sich Zeit nehmen – und die lächelnden Gesichter aus ihrer rechten Tasche - vielleicht auch Ihnen ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern.“

„Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ meint schon der Psalmbeter von Psalm 103.

„Die Christen müssten eigentlich viel erlöster aussehen!“,  soll einst der glaubenskritische Philosoph Nietzsche gesagt haben.

Auch wenn er in vielem, wie ich finde, sonst nicht Recht hatte, hier liegt er wohl nicht ganz daneben.

Als Christen stimmen wir oft ein in die Klage über das Schlechte und Böse. Manchmal geschieht das ganz zu Recht, weil vieles nicht Gottes Wille nicht entspricht – Schöpfungszerstörung, Krieg, Fanatismus. Da heißt es dann den Leidenden beistehen, die falschen Wege aufzeigen und anklagen und zum Guten mahnen und dafür handeln.

Aber wer, wenn nicht wir, hat eine begründete Hoffnung, die genau vom ganz anderen zeugen soll, vom Reich Gottes und seinem Heilswillen – davon, dass Gott uns auch in unserer manchmal noch dunklen Welt nicht verlässt und das gute für uns will.

Wer hat begründete Hoffnung und Bilder vom Gelingen einer guten Schöpfung, die es sich zu bewahren lohnt, von Frieden, Gemeinschaft der Verschiedenen – wenn nicht wir?!

Und das nicht erst in einem „Jenseits“! Gottes Liebe und Heil ist in Christus angebrochen – und will schon hier und jetzt Leben verändern!

Manchmal vergesse ich über´s Klagen, Mahnen und Tun mich zu freuen, zu genießen, zu hoffen.

„Hast du Spaß?“ fragte letztens ein Kabarettist eine Zuschauerin. „Dann sag´s deinem Gesicht!“  Sie stutzte, überlegte, ob sie sich empören sollte – und grinste dann.

„Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ – Vielleicht muss ich das Hinsehen auf das Gute wieder einüben – und dabei im Sammeln des Kleinen Schönen, Gelungenen, gar nicht so Selbstverständlichen beginnen.

„Du bist sündig!“ sagen immer wieder manche Predigende. Stimmt!

„Aber auch begnadigte Sünderin!“ – spüre ich den Widerspruch in mir wachsen gegen die, die vor allem mit Angst vor dem „Verloren-Sein“ zur „Hoffnung“ und zum „Leben“ führen wollen.

„Begnadigt!“ – erlöst lächle ich. „Gott sei Dank!“

„Ach so,“ lächelten auch die, die die Einkaufswagen-Chip-Smileys verschenkten. „Falls du, wie Nietzsche, das mit der „Erlösung“ noch nicht so sehen kannst, wir schließen  dich in unsere Hoffnung mit ein. Wir freuen uns, dich heute getroffen zu haben und wenn du noch mehr von unserem Glauben  hören willst, du weißt ja, wo du uns findest oder wen du ansprechen kannst.

Aber erst einmal hast du wenigstens einen fröhlichen Einkaufswagenchip  - und freust dich beim nächsten Einkauf vielleicht, dass du ihn hast, weil er nützlich ist. Einfach nur so – und bekommst, wenn du ihn anschaust wieder einfach ein Lächeln geschenkt. Auch was wert – oder?!“

Andachten 2018

JanuarMichael KrauseWasser ist Leben
FebruarHolger KasfeldEs ist das Wort ganz nahe bei dir ...
MärzKatja Okun-WilmerMut tut gut!
AprilBerthold KeuneckeAus Alt mach Neu
MaiHanno PaulEinfach leben
JuniEva-Maria SchnarreVergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
JuliMarkus FachnerVergessen und erinnern
AugustAnnette BeerSalz und Licht
SeptemberJohannes BaumannMeine Seele ist stille
OktoberJohannes BeerGeheime Wünsche
NovemberPetra HenningLebe deinen Traum!
DezemberBärbel WesterholzUnd wieder wird es Advent

Andachten 2017

JanuarMichael KrauseMenschliche Menschen werden
FebruarRuth WesselsBitte recht freundlich
MärzAxel BruningSchulden gestrichen
AprilDr. Kai-Uwe SpanhoferKein Weg zurück
MaiHolger KasfeldDer Sonntag - ein Geschenk des Himmels
JuniEva-Maria SchnarreDu siehst mich
JuliVolker KükenshönerAufbruch und Begeisterung
AugustHanno PaulAlte Eltern ehren
SeptemberGabriele Steinmeier„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“
OktoberUta BültermannMuss man Danke sagen?
NovemberMarkus FachnerReformation braucht Mut
Dezember Claudia GüntherAnkunft im Leben