In der Sonderausstellung unseres Kirchenkreises, die derzeit im Bünder Museum gezeigt wird, finden sich zwei „Lila Tücher“. Sie stammen vom Kirchentag in Hannover im Jahr 1983. „Die Zeit ist da für ein Nein ohne jedes Ja zu Massenvernichtungswaffen“, so kann man es auf den Halstüchern lesen.
Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs wurde zu Beginn der 80er Jahre die Rüstung mit Raketen, die atomare Sprengköpfe trugen, forciert. Die Lage zwischen den Großmächten spitzte sich zu. Die Angst vor einem nuklearen Overkill breitete sich aus. Durch unbesonnenes Handeln, durch einen Knopfdruck hätte die Welt in Brand gesetzt werden können.
Ich habe mir damals ein „Lila Tuch“ gekauft. Die Friedensdebatte hat mich in ihren Bann gezogen. Es ist doch völlig klar: Kirche ist dazu da, für den Frieden einzutreten. Christinnen und Christen sind herausgefordert, Schritte des Friedens zu gehen.
Mit dem Fall der Mauer und dem Verschwinden des Eisernen Vorhangs schien es, als sei die Welt in ein friedlicheres Zeitalter getreten. Große Abkommen sollten die Abrüstung voranbringen.
Auch wenn die Dinge sich für eine Zeit in diese Richtung entwickelt haben, aufs Ganze gesehen ist die Welt doch wieder vom Weg des Friedens abgekommen. Zudem hat eine neue Unsicherheit Einzug gehalten. Denn Verträge, die mit Vernunft und großem Einsatz geschlossen worden sind, werden von den Mächtigen dieser Welt einfach beiseite gewischt.
Die Zeit ist da für ein Ja zum Frieden. Die Jahreslosung aus Psalm 34 fällt in diese Zeit.
In den Worten der Losung steckt große Energie. Wir merken es vielleicht nicht sofort, weil wir es schon oft gehört haben. Von suchen und jagen ist die Rede. Da liegt Dynamik drin. Es geht darum, für den Frieden zu brennen, von ganzem Herzen nach ihm zu trachten.
Eine kleine Ethik des guten Lebens breitet der Psalmbeter aus: „Kommt her, ihr Kinder, höret mir zu! Ich will euch die Furcht des Herrn lehren.“ So beginnt er. Das klingt etwas von oben herab, ist aber weise und dient dem Leben. Gutes Lebens wird der finden, der seine Zunge im Zaum hält. Gutes Leben wird der finden, der vom Bösen ablässt und Gutes tut. Gutes Leben wird der finden, der nach dem Frieden trachtet.
Diese ist keine oberflächliche Allerweltsweisheit; sie ist tief gegründet im Glauben an Gott. Der Psalm insgesamt ist ein Dank an Gott für seine Hilfe: „Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht.“
Aus Ängsten, aus Nöten hat Gott ihn befreit, so sagt es der Beter und stimmt ein Lob an. Alle sollen hören, wie freundlich der Herr ist.
Aus der Freundlichkeit Gottes leben wir. In diese Wirklichkeit sind wir gestellt. Das ist unser Ort. „Die Engel des Herrn lagern sich um die, die Gott fürchten“, so sagt es der Psalm.
Wer in dieser Freundlichkeit Gottes steht und lebt, dem wird die Ethik des guten Lebens zur puren Selbstverständlichkeit. Wer Gottes Nähe spürt, der meidet die Lüge, der sucht das Gute und den Frieden, der brennt für die Sache.
Gottes Freundlichkeit nimmt die Angst. Das macht zum Frieden bereit. Ich muss nicht ängstlich auf das Eigene schauen, sondern kann suchen, was dem anderen dient. Ich schiele nicht auf meine Sicherheit, ich kann mich öffnen. Das gilt für mein alltägliches Leben, das gilt auch für die großen Zusammenhänge.
Dietrich Bonhoeffer hat in einem Vortrag von 1934 diese Grundhaltung zum Ausgangspunkt seiner Friedensethik gemacht. „Wie wird Friede“, fragt er.
„Durch ein System von politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern? d. h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier überall Friede und Sicherheit verwechselt wird. Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen gebiert wiederum Krieg. Sicherheiten suchen heißt sich selber schützen wollen. Friede heißt sich gänzlich ausliefern dem Gebot Gottes, keine Sicherung wollen, sondern in Glaube und Gehorsam dem allmächtigen Gott die Geschichte der Völker in die Hand legen und nicht selbstsüchtig über sie verfügen wollen.“ (Dietrich Bonhoeffer, Kirche und Völkerwelt. Rede auf der Fanö-Konferenz am 28.08.1934, DBW 13, 298-301, Zitat auf Seite 300.)
Bonhoeffer lenkt den Blick auf Wege, die in der politischen Welt nicht die üblichen sind. Er vertraut sich Gott an. Er vertraut auf Gottes Möglichkeiten. Darin folgt er den Friedensgedanken der Bibel. Er denkt von Gottes Freundlichkeit aus; er denkt von dem Punkt her, dass wir in Gottes Nähe stehen, umlagert von seinen Engeln.
Die Jahreslosung ist für mich wie ein „Lila Tuch“, das sich um meine Schultern legt und mich begleitet. Sie hilft mir, Tag für Tag die Augen offen zu halten: was dient dem Frieden? Sie lockt mich: lass nicht nach in deiner Suche nach dem Frieden!
Im Frieden des Herrn gehen wir ins Jahr 2019.
Januar | Michael Krause | |
Februar | Volker Kükenshöner | Schraube locker |
März | Matthias Gleibe | Die große Hoffnung |
April | Michael Heß | Meine alte Bibel |
Mai | Kai-Uwe Spanhofer | Mal ehrlich |
Juni | Katja Okun-Wilmer | Was für ein Vertrauen! |
Juli | Sebastian Stussig | Unerhört |
August | Rainer Wilmer | Braucht die Nächste ein Gesicht? |
September | Holger Kasfeld | Vertrauen hat eine eigene Qualität |
Oktober | Bettina Fachner | Brot ist Leben |
November | Petra Ottensmeyer | |
Dezember | Michael Heß | Wo ist der Ochse? |
Januar | Michael Krause | Wasser ist Leben |
Februar | Holger Kasfeld | Es ist das Wort ganz nahe bei dir ... |
März | Katja Okun-Wilmer | Mut tut gut! |
April | Berthold Keunecke | Aus Alt mach Neu |
Mai | Hanno Paul | Einfach leben |
Juni | Eva-Maria Schnarre | Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! |
Juli | Markus Fachner | Vergessen und erinnern |
August | Annette Beer | Salz und Licht |
September | Johannes Baumann | Meine Seele ist stille |
Oktober | Johannes Beer | Geheime Wünsche |
November | Petra Henning | Lebe deinen Traum! |
Dezember | Bärbel Westerholz | Und wieder wird es Advent |