Nicht unterkriegen lassen

von Pfr. Markus Fachner, Ev.-Luth. Philippus-Kirchengemeinde Bünde

Vorletzten Freitag konnte man den Segelsportler Boris Herrmann auf den Titelseiten der Tagespresse sehen. Nach 80 Tagen Weltumsegelung lief er unter den fünf besten Skippern ins Ziel in der Bucht von Biscaya ein. Abgebildet wurde er in Siegespose mit wehender Deutschlandflagge in den erhobenen Händen.

Bemerkenswert fand ich, dass er sich, obwohl „nur“ Fünfter, so eindeutig als Sieger fühlte. Und das nach einer ärgerlichen Kollision mit einem anderen Schiff und mit lädiertem Boot, aus dem Tritt gebracht ganz kurz vor dem Ziel. Beeindruckend fand ich auch, dass er nicht die sportliche Leistung, sondern die lange Einsamkeit als die größte Herausforderung nannte. Und dass er sich für die knapp 12 Wochen nicht als Einzelkämpfer verstand, sondern als Teil eines Teams auf einem jahrelangen Weg.

Viel Aufmerksamkeit für ein starkes Ereignis, das eine Menge positive Energie ausstrahlt. Das tut gut im zermürbenden Stillhaltekampf mit Corona. Es zeigt, dass es sich lohnt, sich nicht unterkriegen zu lassen, obwohl sich die Zeit bis zum Ziel manchmal endlos anfühlt. Unser Ziel ist ja keine sportliche Höchstleistung, sondern der Wunsch, normal leben zu können, soziale Kontakte, Begegnungen, Familie und Freundschaften, die Welt und das Leben wieder dankbar genießen zu können.

Es versteht sich nicht von selbst, dass sich Gottvertrauen und Selbstvertrauen auf der „Fahrt des Lebens“ jederzeit bewähren. In der biblischen Erzählung von der Stillung des Sturmes (Markus 4,35ff) sitze ich beim Lesen quasi mit im Boot: Nach getaner Arbeit breche ich abends noch mit anderen zusammen auf zu neuen Ufern. Das Ziel ist klar. Aber dann kommt ein gewaltiger Sturm dazwischen und droht unser Unternehmen scheitern zu lassen. Allen steht vor Augen: Wir werden in den Fluten versinken, wenn Gott jetzt nicht eingreift. Alle geben ihr Letztes, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Nur Jesus schläft im Boot. Ist er gerade abwesend, total erschöpft oder völlig relaxt? Wir entscheiden uns für die erste Möglichkeit. Wir wecken ihn auf, bitten um Hilfe und deuten auf die lebensbedrohliche Lage. Er reagiert sofort, gebietet dem Sturm und zeigt uns, dass Gott mit im Boot ist.

Fazit: Unser Aktivismus rettet die Lage nicht. Wir verlieren die Kontrolle. Der Gegenwind lässt unser Gottvertrauen baden gehen. Wir brauchen einen neuen Schub, nicht nur einmal, sondern immer wieder. Solches Vertrauen ist und bleibt ein unverfügbares Geschenk. Ich kann es nur erbitten. Und ich erlebe: „Bittet, so wird euch gegeben“.