
Foto: Pfarrerin Frauke Wagner (links), Astrid Hoffmann und Ursula Stulgies (rechts) laden trauernde Menschen zum Besuch der Marienkirche ein. Im Hintergrund vor dem steinernen Fenster ist der geschmiedete Lichterbaum
Herford (01.02.2021). Die Verstorbenen fehlen, aber die Trauer um sie bleibt. Die Marien-Kirchengemeinde Stift Berg hat jetzt mit einem Lichterbaum in der Marienkirche einen gemeindeübergreifenden, öffentlichen Ort zum Gedenken geschaffen. Er soll vor allem an all diejenigen erinnern, die in den vergangenen Monaten an Covid oder aus anderen Gründen verstorben sind.
In der mehr als tausendjährigen Geschichte der Marienkirche haben die Kirchenmauern schon viele Sorgen von Menschen mitbekommen und das Trauern ein Stück erleichtert. Auch heute sind trauernde Menschen eingeladen in die Marienkirche zu kommen, um eine eigene kleine Kerze am geschmiedeten Lichterbaum anzuzünden. Er hat seinen Platz vor einem großen, steinernen Fenster. Neben dem Lichterbaum steht eine Kirchbank zum Verweilen, auf einem Tisch liegt ein Buch zum Schreiben aus und eine Kerze ist angezündet, die durchgehend brennt.
„Das Sterben während der Pandemie ist einsamer und die Trauer ist stiller geworden als sonst“, sagt Pfarrerin Frauke Wagner. Ihrer Beobachtung nach sei auch das gemeinsame Gedenken an die Toten erheblich beeinträchtigt. Wagner: „Dies liegt daran, dass zurzeit größere Trauerfeiern gar nicht und Trauerbesuche nur stark eingeschränkt möglich sind.“ Letzteres gelte auch für die Fürbitten in den Sonntagsgottesdiensten.
In der Marien-Kirchengemeinde gibt es eine ehrenamtlich geleitete, aktive Trauergruppe, die in den vergangenen Jahren unter anderem ein Trauercafé mit regelmäßigen Treffen organisierte. Zurzeit sind wegen der Corona-Pandemie keine persönlichen Zusammenkünfte möglich. Deswegen hatten Astrid Hoffmann, Ursula Stulgies und Marlies Folle von der Trauergruppe gemeinsam mit Pfarrerin Frauke Wagner die Idee, einen öffentlichen Ort der Trauer und des Gedenkens zu schaffen. Unterstützung erhielten sie von dem Presbyterium der Kirchengemeinde.
Wagner: „Viele Menschen haben das starke Bedürfnis für ihre Verstobenen eine Kerze anzuzünden.“ Deshalb steht jetzt in der Marienkirche der geschmiedete Lichterbaum mit Kerzen, um den Verstorbenen zu gedenken. Der Lichterbaum greift auch die Idee des Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier auf, mit einem „Lichtfester“ an die Toten der Pandemie zu erinnern.
Die Initiatorinnen hoffen, dass viele Trauernde den Lichterbaum nutzen. Aus eigener Erfahrung wissen Astrid Hoffmann und Ursula Stulgies, was es bedeutet, einen geliebten Menschen zu verlieren und dann nicht alleine mit der Trauer bleiben zu müssen. Der Lichterbaum kann während der Öffnungszeiten der Marienkirche dienstags bis samstags von 15 bis 17 Uhr besucht werden. Dann sind vor Ort auch Ansprechpartner. „Nach der Pandemie wird es wieder regelmäßige Treffen unserer Trauergruppe geben“, kündigt Astrid Hoffman an.
In der Trauergruppe können Menschen gemeindeübergreifend ihre Sorgen teilen, aber auch miteinander plaudern und lachen. Stulgies: „Das Netzwerk der Trauergruppe funktioniert auch während der Pandemie zum Beispiel via WhatsApp.“