
Foto: Ein Teil der Menschenkette zwischen Münster und Osnabrück
Herford (01.03.2023). Nachfolgend veröffentlichen wir einen Bericht von Eva-Maria Schnarre, Frauenpfarrerin im Kirchenkreis Herford und Pfarrerin der Ev. Emmaus-Kirchengemeinde Herford.
Mitten auf der langen Strecke zwischen Osnabrück und Münster standen sie – Menschen, die sich auch aus unserem Kirchenkreis auf den Weg gemacht hatten, um mit teilzunehmen an der Friedenskette am vergangenen Freitag, dem Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine.
Mit zehntausenden anderen Menschen bemühten sie sich um einen Lückenschluss, der in den anliegenden Städten oft nicht schwer fiel, denn dort waren viele Menschen aller Generationen unterwegs. Aber damit eine menschliche Kette von einer zur anderen Friedensstadt reichen konnte, mussten man auf den langen Landstraßen kreativ werden.
Doch es gelang. Die Männer und Frauen, die sich aus dem Kirchenkreis Herford mit einem Bus auf den Weg gemacht hatten, fanden ihren zugewiesenen Standort auf der Ladbergenes Straße in der Nähe einzelner Bauernhöfe, nahe dem THW Lengerich, wo der Bus abgestellt wurde und man sich zu Fuß auf den Weg machte, um den vorgesehenen Ort zu erreichen.
Bei der Ankunft war das Wetter noch gut, so dass der Weg gut zu bewältigen war und bei guter Atmosphäre man schnell mit Menschen anderer westfälischer oder niedersächsischer Orte, oft auch aus anderen Kirchengemeinden, in gute Gespräche kam.
Alle vereinte der Wille, mit einer Menschenkette zwischen den beiden Städten, in denen nach dem 30jährigen Krieg der Friede geschlossen werden konnte, ein Zeichen zu setzen für die Hoffnung auf Frieden heute. Dabei stand natürlich am Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine die Hoffnung auf das Aufhören des Krieges dort im Mittelpunkt, wurden aber die vielen anderen Kriegs- und Krisengebiete weltweit nicht vergessen.
Um 16 Uhr vereinten sich dann alle zu einer Menschenkette, bei der man sich eben in den Städten die Hände reichen konnte, zum Lückenschluss aber auf den langen Landstraßen andere Verbindungen geknüpft werden konnten. Friedenfahnen bildeten Brückenglieder ebenso wie andere verbindende Teilstücke, die findig aneinandergereiht wurden von den Menschen, die überall dazwischen diese festhielten und einander so verbunden waren. Ideen wurden von hüben nach drüben entwickelt, geteilt.
Rund 40.000 Menschen hätte es benötigt, um Hand in Hand zwischen Osnabrück und Münster stehen zu können. Rund. 25.000 hatten die Organisatoren durch ihren Aufruf erreicht. Sollte man also sagen, dass es nicht gereicht hat – oder lieber, so wir als Mitwirkende, empfanden, dass eben eine erfreulich große Zahl an Menschen sich an diesem wichtigen Zeichen beteiligten und so sichtbar in die Welt hinaus ihren Willen für Frieden und ein Aufhören von bewaffneten Konflikten setzten?
25.000 miteinander verbundene Menschen – vom Kindergartenkind zum Rentner.
25000 miteinander verbunden über Nationalitätsgrenzen hinweg – denn dort hörte man Menschen Deutsch miteinander sprechen, Russisch, Englisch, und andere Sprachen, sah ukrainische Flaggen, vielfältige Friedensbotschaften in Wort und Bild.
25.000 miteinander verbunden Hand in Hand oder über Brücken aus Kletterseilen, Frauenhilfstücher, Fanschals von VFL Osnabrück, Abschleppseilen von Traktoren hinweg – letztere gespannt von anliegenden Bauern aus der Umgebung, die nicht nur gekommen waren, um zu schauen, sondern mitzumachen und auch den Ehrgeiz entwickelten, das ihre für den Lückenschluss zu tun. So wurde kurzerhand noch manches geholt und an die Mitwirkenden verteilt, so dass alle eine gemeinsame Einheit sein konnten in der Zeit dann, als offizielle in Ladbergen die Bürgermeister*in aus Münster und Osnabrück sich die Hände reichten und so den Startschuss für die Verbindung aller gaben.
Um 16 Uhr läuteten die Glocken aller in den umliegenden Orten befindlichen Kirchen. Auf weiten Treppenabschnitten wurde das Lied „Give peace a chance“ angestimmt. Wenigstens für einige Minuten kam selbst auf den vielbefahrenen Straßen der Verkehr nahezu zum Erliegen und stand die Bitte und die Hoffnung auf Frieden im Mittelpunkt alles Denkens und Handelns.
Pfarrer Berthold Keunecke, der die Busfahrt zur Friedenskette organisiert hatte, war nach Abschluss der Friedenskette bei der Rückfahrt ebenso zufrieden mit der Aktion wie andere, die sich privat auch auf den Weg gemacht haben aus unserem Kirchenkreis.
Ich selbst war im Auto dem Bus übrigens hinterhergefahren und kam gar nicht bis zur Gruppe aus Herford, weil bereits unterwegs viele mich freundlich aufforderten, doch mit ihnen an Ideen zu arbeiten, den Lückenschluss hinzukriegen. Mein Fazit: Wir waren uns fremd und doch durch das gleiche Ziel gleich sehr vertraut. Wir hatten eine zuerst nicht lösbare Aufgabe – die aber viele miteinander zu lösen versuchten, was auch gelang. Und das Wetter wurde genau zum Zeitpunkt des offiziellen Starttermins nass und ungemütlich – was aber keinen dazu brachte aufzugeben. Ganz im Gegenteil.
Nein, diese Aktion wird nicht die Welt verändern, keinen Krieg direkt beenden - aber zeigt die Bereitschaft vieler Menschen den Frieden dort zu fördern, wo sie hingestellt sind. Die Friedenskette ist nur ein Symbol für diese Bereitschaft und die Hoffnung, dass Friede werde.
„Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun – können das Gesicht der Welt verändern“ !