Gesten und Glaube

von Pfarrerin Gabriele Steinmeier

„Ich bücke und beuge mich
und senke das Knie vor meinem HERRN,
meinem Schöpfer.“

Um auf diese Weise vor Gott treten zu können, muss ich eine klare Vorstellung davon haben, wer ich bin und wer Gott ist.

Gott ist HERR – eine Autorität, der ich mich ganz zu unterstellen habe. Ich mache mich klein vor Ihm und beuge mich. Damit drücke ich aus, wie groß das Gefälle ist zwischen mir und IHM. Demut ist die Haltung, die hinter diesen Überzeugungen steckt, und die in diesen Gesten zum Ausdruck gebracht wird.

Nur wenn ich mir meiner selbst vor Gott bewusst bin, bin ich bereit, mich so zu verhalten. Mit diesen Handlungen drücke ich aus, dass ich mit der Wirklichkeit Seiner Gegenwart rechne und - so meine Hoffnung -, dass Er mir begegnen wird.

Zwei Überzeugungen kommen in diesen Gesten zum Ausdruck: Sie bestehen zum einen darin, Gott als die einzige Autorität anzuerkennen und zum anderen mit der Wirklichkeit seiner Gegenwart zu rechnen.

Form und Inhalt fügen sich in diesen Gesten harmonisch ineinander. Ich persönlich glaube an diesen Zusammenhang: nämlich der Zusammenhang, der darin besteht, dass mein Verhalten, meine Gesten mich tiefer in die Bedeutung eines heiligen Geschehens hineinführen.

Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen:

Ich kann mich noch gut an eine Feier des heiligen Abendmahls erinnern, die ich als Kind in der Dünner Kirche miterlebte. Ich blieb natürlich während der Feier in meiner Bank sitzen, beobachtete aber ganz genau, was die Menschen taten, die an den Altar traten, um das Sakrament zu empfangen.

Und ich sah zu meinem Erstaunen: Die Frauen machten einen Knicks und die Männer verbeugten sich. Erst nach dieser Geste betraten sie den Altarbereich und empfingen Brot und Wein.

Da ich mir ihr Verhalten nicht erklären konnte, fragte ich meine Mutter. Und sie antwortete mir: Die Frauen machen einen Knicks und die Männer verbeugen sich, weil Gott da ist.

Es waren eben diese Gesten, die ihnen dazu verhalfen, dem Mysterium des Sakrament angemessen zu begegnen. Vielleicht war ihnen das kurz vorher gar nicht bewusst, wer in ihrer Mitte war, wem sie im Sakrament begegneten – aber diese erlernten Gesten bereiteten sie innerlich darauf vor.

Durch ihre Gesten verstand aber auch das Kind, dass dieses Essen und Trinken sich von allen anderen unterschied. Es erkannte, es gab einen Moment, da war Gott da!

Andachten 2023

Januar Olaf Reinmuth „Du bist ein Gott, der mich sieht!“
Februar Carsten Fiefstück Glocken
März Claudia Günther Verbunden mit dem Leben
April Alexandra Hinsel „Was für eine *-Idee?“
Mai Anke Hülsmeier „Das war gar keine richtige Osternacht ...“
Juni Hanno Paul Wer ist die Kirche?
Juli Gabriele Steinmeier Gesten und Glaube
August Jutta Hoppe Sommer, Sonne, Urlaub
September Bettina Fachner Unterbrechung
Oktober Kai-Uwe Spanhofer Dankbar für die Fülle
November Michael Heß „Jesu Sahay“ - Jesus hilft
Dezember Manuela Müller-Riepe Frieden